Formalprüfung
In diesem Kapitel werden die Erfordernisse und das Verfahren betreffend die Formalprüfung europäischer Patentanmeldungen behandelt. Außerdem enthält dieses Kapitel die Bestimmungen zur Form und Ausführung der Zeichnungen und Darstellungen bei europäischen Patentanmeldungen. Es werden auch die Voraussetzungen und Verfahrensweisen zur Akteneinsicht, die Auskunft aus den Akten, die Einsichtnahme in das Europäische Patentregister und die Ausstellung beglaubigter Kopien erläutert.
Die in diesem Teil beschriebenen Prozesse werden von den Formalsachbearbeiter des EPA sowohl in Den Haag als auch in München und Berlin ausgeführt. Insbesondere werden die Vorgehensweisen der Eingangsstelle des EPA erläutert. Diese stellt sicher, dass die europäischen Patentanmeldungen den Formerfordernissen des EPÜ genügen.
Das EPA legt dabei Wert darauf, dass die Formalsachbearbeiter ihre Aufgaben einheitlich und rasch durchführen können. Allerdings dürfen hierbei nicht die Vorschriften des EPÜ außer Acht gelassen werden.
Einreichung von Anmeldungen durch unmittelbare Übergabe oder durch Postdienste Einreichung von Anmeldungen per Fax Weiterleitung von Anmeldungen Nummerierungssysteme für die Anmeldungen Zur Einreichung von Anmeldungen berechtigte Personen Verfahren bei der Einreichung Mindesterfordernisse für die Zuerkennung eines Anmeldetags Verspätete Einreichung fehlender Zeichnungen oder fehlender Teile der Beschreibung Vertretung Erteilungsantrag Erfindernennung Prioritätsanspruch Bezeichnung der Erfindung Unzulässige Angaben Anspruchsgebühren
Recherche
Es werden die vom EPA für europäische Anmeldungen durchgeführten Recherchen erläutert. Neben diesen Recherchen werden vom EPA auch Recherchen im Rahmen des Zusammenarbeitsvertrags (PCT) durchgeführt.
Die Recherchenabteilung des EPA erstellt einen erweiterten europäischen Recherchenbericht, der neben den Rechercheergebnissen eine Stellungnahme zur Recherche enthält.
Kann eine Recherche nicht durchgeführt werden, fordert die Rechercheabteilung den Anmelder auf, den zu recherchierenden Gegenstand klarzustellen bzw. sogar zu beschränken.
Liegt eine mangelnde Einheitlichkeit vor, erstellt die Recherchenabteilung einen teilweisen Recherchenbericht und eine Stellungnahme zur Patentierbarkeit der in den Patentansprüchen zuerst erwähnten Erfindung bzw. Gruppe von Erfindungen. Außerdem werden die Gründe für die mangelnde Einheitlichkeit dargelegt und der Anmelder aufgefordert, zusätzliche Recherchengebühren zu entrichten.
Die Erteilungsphase eines europäischen Patents kann in die Grundphase der Recherche und der Sachprüfung unterteilt werden.
Laufzeiten der Schutzrechte Prinzipien der formalen Schutzrechte
Verfahrensrechtliche Aspekte der Sachprüfung
Es wird das allgemeine Prüfungsverfahren beschrieben. Das EPA richtet sich dabei an sein Programm "Early Certainty from Search", wobei vorrangig bereits laufende Prüfungsverfahren abgeschlossen werden, bevor neue begonnen werden. Außerdem wird zügig erteilt, wenn eine positive Stellungnahme zur Recherche vorliegt.
Mit der Recherche und der Sachprüfung wird sichergestellt, dass die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Artikeln des EPÜ und den Regeln der Ausführungsordnung genügen. Die Prüfungsabteilung ist für die Bearbeitung im Hinblick auf die sachlichen Erfordernisse zuständig. Bei Fragen der Formerfordernisse ist ausschließlich die Eingangsstelle zuständig.
Der Prüfer wird zunächst die Beschreibung, die Zeichnungen und die Patentansprüche der Anmeldung studieren. Hierbei sollte der Prüfer Änderungen bzw. Bemerkungen des Anmelders berücksichtigen, die der Anmelder auf die Stellungnahme zur Recherche hin eingereicht hat.
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Einspruchsverfahren, Beschränkungs- bzw. Widerrufsverfahren
Ein Einspruch muss auf einen der in Artikel 100 EPÜ beschriebenen Einspruchsgründe gestützt sein. Durch den Einspruch hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, gegen ein erteiltes europäisches Patent Einspruch zu erheben. Die Möglichkeit, Einspruch zu erheben ist sinnvoll, da der Einspruch auf Umständen gestützt sein kann, die dem EPA nicht bekannt waren. Ein Beispiel hierfür kann eine Vorbenutzung sein. Ein Einspruch kann somit für jedermann ein Mittel darstellen, um eine Beschränkung oder einen Widerruf eines zu Unrecht erteilten Patents zu erwirken.
Wurde auf das europäische Patent verzichtet, kann dennoch ein Einspruch eingelegt werden. Hierdurch können die mit dem Patent entstandenen Rechte für den Zeitraum bis zum Verzicht oder Erlöschen angegriffen werden. Aus diesen Rechten können auch nach dem Verzichte Ansprüche abgeleitet werden.
Ein Einspruch erfasst das europäische Patent für alle Vertragsstaaten, in denen es Wirkung hat. Ein Einspruch kann daher nicht für einzelne benannte Staaten beschränkt werden.
Allerdings ist zu beachten, dass die Wirkung eines Einspruchs in den einzelnen Vertragsstaaten unterschiedlich sein kann. Dies kann der Fall sein, wenn das Patent gemäß Regel 18 (2) unterschiedliche Patentansprüche für verschiedene Vertragsstaaten enthält oder wenn die Patentansprüche gemäß Art. 54 (3) einen unterschiedlichen Stand der Technik berücksichtigen müssen.
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Allgemeine Verfahrensfragen
Es werden die Vorgehensweisen für die Prüfung europäischer Patentanmeldungen und Patente beschrieben. Insbesondere werden die einzelnen Verfahrensschritte des EPÜ erläutert. Gibt das EPÜ keine Verfahrensschritte vor, wird das EPA die in den Vertragsstaaten im Allgemeinen anerkannten Grundsätze des Verfahrensrechts anwenden.
Als grundsätzliche Vorgehensweisen gilt: die Entscheidungen, Bescheide und Mitteilungen des EPA sind mit der Unterschrift und dem Namen des zuständigen Mitglieds des EPA zu versehen. Statt einer Unterschrift kann ein Dienstsiegel verwendet werden. Dies gilt auch für vorgedruckte Bescheide und Mitteilungen.
Bescheide werden versendet, wenn einem Beteiligten Mängel mitgeteilt werden. Außerdem erfolgt eine Aufforderung zur Beseitigung der Mängel. Es ergeht ein Bescheid, wenn eine Partei oder ein Beteiligter zur Klärung der Sachlage beitragen kann. Eine Mitteilung erfolgt insbesondere, wenn nach Auffassung der Prüfungs- oder Einspruchsabteilung die Erteilung bzw. Aufrechterhaltung des Patents nicht möglich ist, aber eventuell eine geänderte Fassung patentfähig ist. Zusätzlich können Bescheide abgesetzt werden, wenn verfahrenslenkende Mitteilungen an die Beteiligten erforderlich gesendet werden sollen oder zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung.
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Europäische Patentanmeldung
Eine europäische Patentanmeldung muss die Patentierbarkeitserfordernisse (Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit und Ausschlüsse von der Patentierbarkeit) erfüllen. Außerdem muss eine europäische Patentanmeldung eine ausreichende Offenbarung, Klarheit der Ansprüche und Einheitlichkeit der Erfindung als auch Anforderungen formaler Art wie eine Nummerierung der Ansprüche die Form der Zeichnungen gerecht werden.
Außerdem werden in diesem Teil das Prioritätsrecht beschrieben. Es werden die Erfordernisse für eine europäische Patentanmeldung erläutert. Eine europäische Patentanmeldung muss Folgendes enthalten: einen Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents, eine Beschreibung der Erfindung, einen oder mehrere Patentansprüche, die Zeichnungen, auf die sich die Beschreibung oder die Patentansprüche beziehen, und eine Zusammenfassung.
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Patentierbarkeit
Eine europäische Patentanmeldung ist patentfähig, wenn die folgenden Erfordernisse erfüllt sind: es muss eine "Erfindung" auf einem Gebiet der Technik sein, die Erfindung muss gewerblich anwendbar sein, die Erfindung muss neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Neben diesen vier Erfordernissen muss eine Erfindung die folgenden Voraussetzungen erfüllen: die Erfindung muss von einem Fachmann ausführbar sein. Außerdem muss die Erfindung technischen Charakter aufweisen. Die Erfindung muss sich daher auf ein technisches Gebiet beziehen. Es muss ihr eine technische Aufgabe zugrunde liegen und sie muss technische Merkmale aufweisen. Diese technischen Merkmale definieren den Gegenstand des Schutzbegehrens in den Patentansprüchen.
Im EPÜ ist nicht explizit gefordert, dass eine Erfindung einen technischen Fortschritt oder eine nützliche Wirkung erzeugt. Aber ein derartiger Effekt ist gegenüber dem Stand der Technik in der Beschreibung zu beschreiben. Dies ist für die Bestimmung der erfinderischen Tätigkeit erforderlich.
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Änderungen und Berichtigungen
Es besteht grundsätzlich eine Änderungsmöglichkeit für eine europäische Patentanmeldung oder ein europäisches Patent im Prüfungs-, Einspruchs- und Beschränkungsverfahren. Allerdings sind hierbei einige wichtige Vorgaben zu beachten. Zumindest müssen die Änderungen formal zulässig sein, das heißt in diesem konkreten Stadium ist eine Änderung vom EPÜ vorgesehen und die Frist wird beachtet. Zusätzlich müssen die Änderungen materiell zulässig sein, das heißt die Änderungen dürfen nicht dazu führen, dass der Gegenstand der Anmeldung oder des Patents über die ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht. Außerdem darf sich durch die Änderungen keine mangelnde Klarheit der Ansprüche ergeben. Die Änderungen dürfen auch nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs eines erteilten Patents führen.
Es gilt für eine europäische Patentanmeldung, dass es für diese keine Änderungsmöglichkeit vor der Erstellung des Recherchenberichts gibt. Liegt dem Anmelder der europäische Recherchenbericht und die Stellungnahme zur Recherche vor, muss der Anmelder auf diese Stellungnahme reagieren und gegebenenfalls die Ansprüche ändern und die Beschreibung anpassen. Hierzu wird ihm eine Frist gesetzt.
Es liegt im Ermessen der Prüfungsabteilung, ob weitere Änderungsvorschläge des Anmelders im Verfahren akzeptiert werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Prüfungsverfahren in möglichst wenigen Arbeitsgängen abgeschlossen werden kann. Bei der Ausübung des Ermessens ist das Interesse des Anmelders an einem rechtsbeständigen Patent und das Interesse des EPA an einem effizient geführten Prüfungsverfahren gegeneinander abwägen. Die Entscheidung ist zu begründen, insbesondere warum keine weiteren Änderungen zugelassen wurden. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass der Anmelder bereits ausreichend Gelegenheit zu Änderungen hatte. Es werden keine Änderungen zugelassen, die einen bereits gerügten Mangel erneut in das Verfahren einführen, der vom Anmelder bereits beseitigt worden war.
Das EPA handelt nach der Vorgabe der Verfahrensökonomie. Das heißt, Änderungen sollten möglichst früh in das Verfahren eingebracht werden. Werden Änderungen spät eingebracht, kann das Interesse an einem effizient geführten Verfahren überwiegen und die Änderungen werden nicht mehr zugelassen.
Allerdings werden Änderungen, die einen für bereits gewährbar erachteten Anspruch einschränken, stets akzeptiert. Änderungen, die zu einer besseren Klarheit der Ansprüche und der Beschreibung, führen ebenfalls stets zugelassen. Das Beseitigen eines Mangels wird ebenfalls stets zugelassen, außer es ergibt sich hierdurch ein neuer Mangel.
Laufzeiten der Schutzrechte Prinzipien der formalen Schutzrechte
Der Lebenslauf Ihres Patents
Einreichung der Patentanmeldung und Formalprüfung
Das Patentamt recherchiert nach Dokumenten zur Beurteilung Ihrer Patentanmeldung
Das Patentamt prüft Ihre Erfindung: Sachprüfung
Es wird Einspruch gegen Ihre Patentanmeldung eingelegt: Einspruchsverfahren
Sie beschränken den Schutzbereich Ihres Patents: Beschränkungsverfahren
Erfinderische Tätigkeit
Eine Erfindung weist eine erfinderische Tätigkeit auf, wenn sie für den Fachmann nicht naheliegend ist. Die wesentlichen Voraussetzungen zur Patentfähigkeit sind Neuheit und erfinderische Tätigkeit. Eine erfindung wird zunächst auf Neuheit geprüft, erst in einem zweiten Schritt wird die erfinderische Tätigkeit einer Erfindung bewertet.
Hier finden Sie den Artikel 56 EPÜ:
Hier finden Sie den Abschnitt G IV, 5 der Richtlinien des EPA:
Hier finden Sie die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/98:
Stand der Technik
Der Stand der Technik sind sämtliche Dokumente, die vor dem Anmeldetag der zu prüfenden Patentanmeldung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Hierbei zu beachten ist, falls eine Priorität wirksam in Anspruch genommen wurde, gilt der Prioritätstag als Anmeldetag. Es ist möglich, dass der Stand der Technik ausschließlich aus dem einschlägigen allgemeinen Wissen besteht.
Fachmann
Das Patentamt geht bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit von einem durchschnittlichen Fachmann auf dem jeweiligen Gebiet aus. Es wird davon ausgegangen, dass der Fachmann über durchschnittliche Kenntnisse und Fähigkeiten und über ein durchschnittliches fachliches Können verfügt.
Außerdem wird davon ausgegangen, dass er die Dokumente des Stands der Technik, die recherchiert wurden, kennt. Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass der Fachmann über die üblichen Mittel und Fähigkeiten für routinemäßige Arbeiten und Versuche verfügt. Es kann Gegenstände von Erfindungen geben, bei denen nicht von einer einzelnen Person als Fachmann auszugehen ist, sondern von einem Personenpool, deren gemeinsames Wissen und Können als Ausgangspunkt der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit dienen sollte. Beispielsweise kann können Forschungs- oder Produktionsteams als relevanter Fachmann angesehen werden.
Naheliegen
Es ist für jeden Patentanspruch zu prüfen, ob aus dem Stand der Technik sich der Anspruch naheliegend ergeben hätte. Hierzu ist typischerweise der problem-solution-approach zu verwenden. Ergibt sich auch nur ein Teilaspekt des Gegenstands des Anspruchs naheliegend, so ist der betreffende Anspruch nicht erteilungsfähig.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist die Erfindung als Ganzes zu sehen. Es ist keinesfalls statthaft, die Erfindung in einzelne Merkmale zu zerlegen und deren erfinderische Tätigkeit zu bewerten. Insbesondere ist es nicht zulässig, eine Bewertung der einzelnen Merkmale vorzunehmen und hierbei zu einer jeweils mangelnden erfinderischen Tätigkeit zu gelangen und dann daraus zu schließen, dass es sich bei der Gesamtheit der Merkmale, die die Erfindung ergibt, ebenfalls um einen Gegenstand handelt, der sich durch eine mangelnde erfinderische Tätigkeit auszeichnet. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Kombination zu einer vollkommen anderen Bewertung der erfinderischen Tätigkeit führen kann. Insbesondere kann der Fall vorliegen, dass gerade die geschickte Kombination von für sich banalen oder naheliegenden Merkmalen zur erfinderischen Tätigkeit führt, da aus einer Vielzahl von Merkmalen gerade diese gewählt wurden, die in besonderer Weise den erfinderischen Effekt ergeben. Insbesondere kann erwartet werden, dass sich durch eine besondere Kombination naheliegender Merkmale ein Synergieeffekt derart ergibt, dass sich ein überraschender überragender Vorteil ergibt. Ein illustratives Beispiel ergibt sich durch Widerstände, Kondensatoren und Transistoren, die für sich gesehen als durchaus bekannt anzunehmen sind. Eine geschickte Kombination von Widerständen, Kondensatoren und Transistoren kann jedoch zu einer Schaltung führen, die sich durch besondere neue und erfinderische Eigenschaften auszeichnet.
Ex-post-facto-Analyse
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist dahingehend Vorsicht geboten, dass eine Erfindung, die simpel erscheinen mag, dennoch erfinderisch sein kann. Eine derartige Ex-post-Betrachtung, bei der also nach Kenntnis der Erfindung die Einfachheit und damit eine mangelnde erfinderische Tätigkeit angenommen wird, ist zu vermeiden. Im Nachhinein mag vieles logisch erscheinen, was zuvor überhaupt nicht naheliegend war. Es ist daher stringent der Stand der Technik zu bewerten und ausgehend von diesem zu prüfen, ob mit diesem und unter Einschaltung des durchschnittlichen fachlichen Könnens zur Erfindung gelangt werden konnte. Ein Indiz für eine derartige Situation kann ihm das Auftreten eines überraschenden Effekts oder Extra- und Bonuseffekte dienen.
Indizien für erfinderische Tätigkeit
Ergibt eine Erfindung eine vorhersehbare Verschlechterung gegenüber einem Stand der Technik, kann nicht von einem erfinderischen Beitrag aufgrund der Verschlechterung gesprochen werden.
Eine rein willkürliche Kombination von Merkmalen kann ebenfalls nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit führen, wenn sich durch die Kombination der Merkmale nicht ein besonderer Effekt einstellt.
Eine unerwartete technische Wirkung stellt ein klares Indiz für eine erfinderische Tätigkeit dar. Die besondere technische Wirkung muss sich aus den technischen Merkmalen des Anspruchs ergeben. Ist die technsiche Wirkung bereits aus anderen Merkmalen im Stand der Technik beschrieben, ergibt sich die technische Wirkung insbesondere bereits durch ein Weglassen von einzelnen Merkmalen des Anspruchs, kann nicht von einer erfinderischen Tätigkeit ausgegangen werden. Die besondere technische Wirkung muss präzise beschrieben sein. Allgemeine Floskeln wie „es ergeben sich diverse positive Effekte“ genügen nicht.
Löst die Erfindung eine technische Aufgabe, die bereits seit einiger Zeit von der Fachwelt nicht gelöst werden konnte, stellt dies einen Hinweis auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit dar. Ein kommerzieller Erfolg kann ebenfalls ein entsprechender Indiz sein. Allerdings muss hierzu der kommerzielle Erfolg tatsächlich auf die Merkmale des Anspruchs zurückzuführen sein und nicht etwa aufgrund der überragenden Marketinganstrengungen des betreffenden Unternehmens.
Problem-solution-approach/Aufgabe-Lösungs-Ansatz
Der Aufgabe-Lösungs-Ansatz wird vom EPA angewandt, um objektiv die erfinderische Tätigkeit einer zur Patentanmeldung eingereichten Erfindung zu bestimmen.
Dieser Ansatz weist folgendes Prozedere auf:
#1: Ermitteln des nächstliegenden Stands der Technik
#2: Vor dem Hintergrund des nächstliegenden Stands der Technik wird die technische Wirkung ermittelt, die diejenigen Merkmale der Erfindung erzielen, die nicht vom Stand der Technik beschrieben werden.
#3: Jetzt kann die technische Aufgabe bestimmt werden. Diese Aufgabe besteht darin, den technischen Effekt der #2 zu erzielen.
#4: Angesichts der Aufgabenstellung der #3 und den Dokumenten des Stands der technik ist nun zu beurteilen, ob der Fachmann unter Berücksichtigung von 2 bis 3 Dokumenten des Stands der Technik zum Gegenstand der Erfindung gelangt wäre, In diesem Fall liegt keine erfinderische Tätigkeit vor.
Diesem Ansatz wohnt der Gedanke inne, dass sich eine Erfindung nicht nur als eine Lösung ergibt. Vielmehr stellt eine Erfindung eine Aufgaben-Lösungs-Kombination dar. Es ist daher möglich, dass eine erfinderische Tätigkeit vorliegt, obwohl die Lösung simpel erscheint, da die Aufgabenstellung selbst erfinderisch ist. Andersherum muss eine Lösung ein hohes Maß an erfinderischer Tätigkeit aufweisen, um eine sehr naheliegende Aufgabe auszugleichen.
Der Aufgaben-Lösungsansatz stellt eine objektive Bewertung der erfinderischen Tätigkeit sicher. Außerdem wird eine rückschauende Betrachtungsweise ausgeschlossen.
Bitte beachten Sie, dass Ihre Lösung die Aufgabe bzw. den technischen Effekt auch erzielen muss. Andernfalls kann ein Problem darin bestehen, dass im Anspruch nicht sämtliche Merkmale beschrieben werden, die zur Lösung des Problems erforderlich sind. In diesem Fall wird der Anspruch vom EPA beanstandet.Es ist zwingend, dass die objektive nicht die subjektive erfinderische Leistung bewertet wird. Ist der Erfinder ein Hochschulprofessor oder ein Analphabet spielt daher bei der Bewertung keine Rolle. Der Problem-solution-approach stellt diese Objektivität her. Es ist nicht obligatorisch den Problem-solution-approach zu verwenden. Es kann in begründeten Einzelfällen von ihm abgewichen werden. Der problem-solution-approach geht bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit weder von einem Hochschulprofessor noch von einem Analphabeten aus. Stattdessen wird ein Fachmann auf dem Sachgebiet als Maßstab betrachtet, der ein durchschnittliches Können und ein durchschnittliches Fachwissen aufweist.
In der Beschreibung der Patentanmeldung muss nicht enthalten sein, welche Vorteile oder Wirkungen die einzelnen Merkmale aufweisen. Es genügt, dass die Merkmale selbst beschrieben sind. Es ist daher problemlos möglich, Merkmale in den unabhängigen Anspruch aufzunehmen, um dann einen neuen technischen Effekt zu erzielen, der die erfinderische Tätigkeit begründet.